Texturen-Workshop: verwitterte Oberflächen

Was in der realen Welt unerwünscht, macht Oberflächen in der Computergrafik erst realistisch: Schmutz und Beschädigungen.

Wer solche Texturen von Grund auf entwerfen will, braucht das geschulte Auge: Er kann sich eine reale Oberfläche in Gedanken zuerst ohne die Lichtwirkung (Bumps, Kratzer, Glanz) vorstellen, trennt dann verschiedene Lagen nach Form und Farbe und simuliert Ebene für Ebene die Oberfläche mit einfachsten Filtern. Während die einzelnen Ebenen noch recht unspannend sind, erzeugt das Zusammenspiel eine recht brauchbare Textur. In diesem Workshop werden sechs Farb- und vier Bump-Ebenen zusammengesetzt.

Ebene 1: eine einfarbige Oberfläche

Da in diesem Workshop mehrere die Oberfläche gestaltende Methoden getestet werden, wird mit dem neutralsten aller Hintergründe angefangen: 50% Grau.

Der erste Schritt den man tun kann, ist diese Fläche mit Störungen etwas ungleichmäßiger zu machen. Wie bei der Sand-Textur geschieht das in zwei Schritten, allerdings mit anderen Werten: Störungen (10) hinzufügen, mit Radius 3 weichzeichnen, Störungen (5) hinzufügen und mit Radius 0.5 weichzeichnen. Dabei kann man auch gerne einmal auf monochrome Störungen verzichten - keine Oberfläche ist wirklich nur einfarbig.

 

 

Ebene 2: kleine Flecken

Überall bleiben Spuren des Gebrauchs. Flecken sind die einfachste Art der Verunreinigung.

Eine neue Ebene wird zum Multiplizieren eingestellt und mit weiß gefüllt (die neutrale Farbe in diesem Modus). Hier sollte man sich auch gleich daran gewöhnen, die Ebene nach ihrer Funktion zu benennen, denn es werden noch einige Ebenen hinzukommen.

Die Farb-Ebenen werden im Beispiel übrigens alle zum Multiplizieren eingestellt, was aber niemanden davon abhalten sollte, mit den anderen Modi zu experimentieren.

Störungen der Stärke 10 werden mit der Auto-Tonwertkorrektur genormt und mit dem Radius 2 weichgezeichnet.

Anschließend wird mit Helligkeit/Kontrast die gewünschte Dichte eingestellt (im Beispiel 15/85).

Maskieren: Damit die Flecken nicht überall gleichmäßig auftauchen, wird eine Ebenenmaske erstellt und diese mit dem Rendering-Fliter Wolken belegt. Helligkeit/Kontrast (im Beispiel -5/70) in dieser Maske justiert die Flächen, in denen Flecken auftreten. Dies kann und sollte natürlich auch Freihand mit dem Airbrush-Werkzeug in der Maske angepasst werden.

Diese Art der Maske wird bei allen fast allen Ebenen benutzt werden.

 

 

Ebene 3: große Flecken

Die Flecken wie im Schritt 2 beschrieben lassen sich natürlich in vielen verschiedenen Dichten, Größen und Farben erstellen. Auch Verzerrungsfilter und ungleichmäßiges Skalieren bringen brauchbare Abwechslung.

Im Beispiel wurde noch eine zweite, gelbliche Fleckenebene eingefügt. Die Werte sind: Störungen 10, Weichzeichner 5, Helligkeit/Kontrast 5/90, Farbton/Sättigung 50/37/34.

Auch hier wird mit der Ebenenmaske wie zuvor ein unregelmäßiges Auftreten der Flecken erzielt.

 

Ebene 4: Wasserflecken

Wer schoneinmal Wasserfarben auf Papier oder gar Rotwein auf einer Tischdecke verschüttet hat, bekommt nach dem Trocknen nicht selten dieses typische Fleckenmuster:

Die Ränder sind immer etwas dunkler als der Fleck selbst, da die Flüssigkeit beim Auslaufen noch etliche Farb- und Schmutzpartikel bis an den Rand transportiert hat, bevor sie getrocknet ist. Der eigentliche Fleck besteht eher nur aus einem dünnen Film dieser Partikel. An manchen Stellen sind die Ränder evtl. weniger oder gar nicht ausgeprägt, je nach Saugfähigkeit oder auch Neigung des Untergrundes.

Für diese Struktur beginnt man mit s/w Wolken, wendet die Auto-Tonwertkorrektur an und geht in die Gradationskurve:

Die linke Hälfte entspricht dem inneren des Flecks (dunkle Stellen der Wolken). Dort wird sehr hell begonnen und kontinuierlich zum Rand (vertikale Mitte in der Gradationskurve) abgedunkelt. Nach dem Rand ist der Fleck "zu Ende" - es geht steil nach oben in die hellen Bereiche, wo die Kurve für den Rest der Oberfläche bleibt.

Der Wasserfleck wird noch nach Belieben eingefärbt. Um nicht überall gleich starke Ränder zu haben, wird wieder eine Ebenenmaske mit Wolken angelegt.

 

 

Ebene 5: Schleifspuren

Ein Beispiel für eine verzerrte Struktur.

Die neue Ebene wird mit 100% Weiß gefüllt und darauf Störungen der Stärke 50 angewendet. Eine Auswahl (gesamte Breite, ca. 8 Pixel hoch) wird auf volle Bildgröße skaliert. Wiederum Störungen (50) und leicht mit Radius 0.5 weichzeichnen. Mit Helligkeit/Kontrast (z.B. 28/-9) wird die Stärke der Spuren justiert.

Die Ebenenmaske mit Wolken sorgt auch hier für ein ungleichmäßiges Erscheinungsbild.

 

 

Ebene 6: Rostüberzug

Typisch für diese Struktur sind ein grieseliges Erscheinungsbild und natürlich die richtige Farbe.

S/W-Wolken werden mit einer Auto-Tonwertkorrektur versehen und mit den Werten 20/25/50 etwas blasser als der gewünschte Rostfarbton eingefärbt. Für das "Grieseln" kommen monochrome Störungen der Stärke 10 hinzu. Anschließend werden mit Helligkeit/Kontrast 30/40 die hellsten Stellen ausgeblendet und der Farbton verstärkt.

Auch hier wird wieder eine Maske mit Wolken hinzugefügt.

 

 

Ebene 7: Bumps

Bisher wurden nur die Farben der Oberfläche beeinflusst. Kommen wir nun zum Bumpmapping. Während die Farbebenen multipliziert wurden, werden diese Ebenen zum Ineinanderkopieren eingestellt.

Auch bei diesen Ebenen wird wie gewohnt mit Ebenenmasken gearbeitet.

Kleine Flecken umkehren (da die weißen Stellen eingedrückt wirken werden) und mit Relief versehen ergibt eine Reihe winziger Beschädigungen in der Oberfläche.

 

 

Ebene 8: Kratzer

Verwendet man statt kleinen Flecken Schleifspuren, erhält man eine zerkratzte Oberfläche. Relief anwenden und der Ebenenmodus Ineinanderkopieren geschieht analog zu Bumps.

 

 

Ebene 9: Abgeplatzte Schicht

Oft bei altem Beton zu beobachten: Teile der Oberfläche sind schichtweise abgeplatzt. Hierzu werden s/w Wolken in eine neue Ebene (ineinanderkopieren) eingefügt, mit Helligkeit/Kontrast wird der Kontrast auf 100 gesetzt und die Helligkeit wie gewünscht angepasst. Schwarze Stellen markieren die obere Schicht. Im Beispiel lag die Helligkeit bei -15, damit die schwarzen Flächen mehr zusammenhängen und eher vereinzelte Vertiefungen entstehen.

Damit die Ränder nicht zu scharf werden, wird noch mit dem Radius 1 weichgezeichnet, bevor Relief (Stärke ca. 100) angewendet wird.

Eine alternative Möglichkeit ist die Arbeit mit Ebeneneffekten wie in Teil 3 des Grundlagen-Tutorials beschrieben. Damit lassen sich Schichten mit unterschiedlichen Texturen verwirklichen. Die Wolken werden dabei in der Maskenebene eingesetzt.

Wer ganz bestimmte statt zufällige Bereiche will, malt diese grob vor und wendet darauf einen Verzerrungsfilter (s.u.) an.

Hier wird keine zufällige Maskierung vorgenommen, da die Schicht an einer bestimmten Stelle entweder vorhanden oder abgeplatzt ist - etwas dazwischen gibt es nicht. Trotzdem wird eine leere Ebenenmaske hinzugefügt, da sie später beim Finish gebraucht werden kann.

Was hier noch langweilig wirkt, kommt erst im Zusammenspiel mit den anderen Schichten (insbesondere den restlichen Bumpstrukturen) voll zur Geltung.

 

 

Ebene 10: unregelmäßige Fugen

Wen die klinisch geraden Strukturen der Ebeneneffekte aus dem Grundlagen-Tutorial Teil 3 (SciFi- und technische Texturen) stören, wird sich für diese Methode interessieren:

Eine neue Ebene (ineinanderkopieren) wird mit der Fugenfarbe gefüllt. Dies kann auch eine komplette Textur sein. Im Beispiel (kaum erkennbar) wurden dort Störungen weichgezeichnet und mit Relief versehen.

Die Ebene wird mit einer Ebenenmaske, alles maskieren, versehen. In der Ebenenmaske kann man nun mit Weiß die Fugen zeichnen (Im Beispiel Linien mit der Stärke 3) - die Fugentextur kommt dort zum Vorschein.

Ebeneneffekt einstellen: Abgeflachte Kante unten, Farbtiefe 2, Weichzeichnen 3.

Nun werden die Fugen verzerrt: Über Auswahl/Auswahl laden wird die Maske als Auswahl erstellt. Auswahl ausweiten um 2 Pixel. Dann weichzeichnen mit dem Radius 1, Störungen der Stärke 100 hinzufügen, die Auswahl aufheben und auf die gesamte Maske den Weichzeichner mit dem Radius 2 anwenden. Helligkeit/Kontrast (-80/95) schärft die nun unregelmäßig gewordenen Linien wieder.

Wie man sehen kann, wurden die Ecken der Platten abgerundet und die Fugen haben variable Breite.

 

 

Ebene 11: Das Finish

Alle vorgestellten Ebenen zusammen in einer Datei sehen so aus:

Ein bischen viel für diese kleine Fläche, aber es soll ja nur eine Demo sein. Aus demselben Grund wurde als letzte Ebene eine Lightmap (ein radialer Verlauf, Ebenenmodus ineinanderkopieren) eingefügt, welche beim Export für die Engine natürlich wieder deaktiviert wird.

Bei Texturen, die einzelne Teile wie Betonplatten darstellen, sollte man etwas auf die Physik achten. Besonders Wasserflecken gehen in der Regel nicht über einzelne Platten hinaus und machen an den Fugen halt. Auch kann es sein, dass eine Platte weniger stark verschmutzt ist als eine benachbarte usw.

Und: nicht jede Textur trägt alle Arten von Schmutz und Beschädigungen. Hier gilt: weniger ist oft mehr!

 

 

Tips

Wie am Anfang erwähnt, muss man fähig sein, die verschiedenen Lagen einer Oberfläche gedanklich zu trennen. Das ist nicht immer einfach. Eine gute Übung hierfür sind einfache, unregelmäßig gemusterte Fliesen ohne Reliefstruktur: Da sie oft in verschiedenen Farbebenen bedruckt sind, kann man diese bei näherem Betrachten recht gut erkennen. Man sollte versuchen, ein paar Fliesenmuster aus dem Baumarkt oder Fliesenfachgeschäft nachzuvollziehen.

Zuerst versucht man, die Form der "Partikel" einer Ebene schwarz/weiß zu simulieren. Als Grundlage kann man oft mit Störungen bzw. Flecken anfangen. Manchmal reicht schon skalieren, hier und da wird man aber auch Verzerrungsfilter anwenden müssen.

Eine gute Möglichkeit mit Verzerrungen zu experimentieren, bietet Filter/Verzerrungsfilter/Versetzen an. Hierzu erstellt man in einer neuen Datei eine Verzerrungsmatrix, das ist ein s/w-Bild, das angibt, an welcher Stelle des Bildes wie stark verzerrt werden soll. Für unregelmäßige Verzerrungen eignen sich z.B. Wolken oder weichgezeichnete Störungen. Auto-Tonwertkorrektur garantiert den vollen Farbumfang. Diese Matrix wird als normale PSD-Datei abgespeichert. Nun wendet man den Filter im gewünschten Bild an. Nach Einstellen der Parameter kommt ein Öffnen-Dialog, dort lädt man die Verzerrungsmatrix.

 

 

Download

Die einzelnen Schritte gibt es zum direkten Nachvollziehen als Aktionsset-Download:

Workshop_Verwitterung.atn

 

 

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